Class-A-Verstärker: Pass F5-Nachbau - mein neuer Amp (etwas) frei nach Nelson Pass (FirstWatt)
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Eines Tages diskutierte ich mit einem Freund über hochwertige Audio-Verstärker. Er erzählte, er habe vor Jahren einen Selbstbauverstärker gehört. An seinen Boxen zuhause. Und er wäre "hin und weg" gewesen... Auf Nachfrage stellte sich später heraus, dass er seinerzeit einen Nachbau des F5 von Nelson Pass (Pass Laboratories, Inc.) gehört hatte. Und er wolle unbedingt genau so einen Verstärker haben und ob ich ihm nicht so einen bauen könne...
Na, ja - können könnte ich schon. Hätte ich gewusst, auf was ich mich da einlasse, hätte ich vermutlich dankend abgesagt... Aber so einen Verstärker hatte ich selber auch noch nicht und die Befassung mit dem (sehr umfangreichen) Thema "Class-A" machte mich selbst neugierig und so sagte ich zu. Zeit genug hatte ich ja - als Rentner...
Wochen später nach Lektüre unzähliger Websites zum Thema war ich etwas schlauer. Der Ehrgeiz hatte mich gepackt und nun wollte ich auch so einen Verstärker haben. Also ans Werk.
Unter Kennern gilt Nelson Pass als legendärer Großmeister der Class-A-Verstärker. Auf seiner Website veröffentlicht er Selbstbauanleitungen einiger seiner Verstärker. So auch zum F5.
Nach Studium dieser Beschreibung stand für mich fest, dass es da noch Verbesserungspotential gibt. Vor allem die Ausgangsleistung war mir zu gering und musste erhöht werden. Mit einem zweitem Enstufenpaar. Parallel zum ersten Paar geschaltet. Und das Netzteil anpassen. Später stolperte ich über Pass's Artikel, wo er genau diese Modifikation als Turbo-Variante beschreibt.
Ein Blick in die Bauteil-Liste meines Haus- und Hoflieferanten für elektronische Bauteile Segor.de lieferte die Information: die von Pass verwendeten Treiber-Transitoren 2SJ74 und 2SK170 von Toshiba sind "obsolet", nicht mehr lieferbar. Tatsächlich werden diese Typen seit Jahrzehnten nicht mehr hergestellt. Aber es gibt bestimmt Vergleichstypen.
Nein, not, nada, nyet. Gibt es nicht. Jedenfalls keine, die ähnliche Daten haben und lieferbar sind! Pass' Lieblingstransistoren (er verwendet sie in unzähligen Schaltungen als Komplementärpärchen in Eingangsstufen) haben exotische Werte: die Vorwärtssteilheit Yfs hat den sehr hohen Wert von typisch 22 mS !! Aktuell gibt es keine Transistoren die produziert und vertrieben werden, die diesen Wert erreichen !!! Übrigens hat auch Mark Levinson diese Pärchen in seinen legendären Vorstufen verwendet...
Leider ist das keine neue Erfahrung. Einige liebgewonnene Halbleiter werden nicht mehr vertrieben. Ich kenne das von der Hochfrequenz-Bastelei. Z.B. 2N5109, J310, P8002 usw. gibt es nur noch als hochpreisige Restposten. Wenn man Glück hat, gibt es sie noch in der SMD-Bauform. Besser als nix!
Habe dann aber doch noch Vertriebskanäle gefunden: einige chinesische Händler bieten sie zu sehr moderaten Preisen (bei ebay) an. Das hätte mich stutzig machen müssen... Nun gut. Bestellt und angefangen.
Um es vorweg zu nehmen; die preiswerten 2SJ74/2SK170-Pärchen aus China (Lieferzeit 5 Wochen) waren der letzte Mist. Original Fakes. Erstaunlicherweise lief der Verstärker damit. Manch ein Nachbauer wird garnicht bemerken, dass er betrogen wurde. Beim Messen der Schaltung (siehe weiter unten) wurde ich stutzig. Die Pärchen waren einerseits höchst unterschiedlich (garnicht ausgemessen) und die Vorwärtssteilheit (das Argument für diese Typen) war nicht 22mS sondern lag so um die 5mS. Für den P- und N-Typ auch noch sehr unterschiedlich.
Nach meiner Reklamation wurde herum paliert und erst die Drohung mit einer schlechten Bewertung überzeugte die Chinesen: ich durfte den Ramsch behalten und der Kaufpreis wurde mir gutgeschrieben. Das ist mir insgesamt zwei mal mit chinesischen Halunken passiert. Das zweite mal waren die Preise schon recht hoch - in der Hoffnung nun erfolgreich zu sein. Weit gefehlt: die gelieferten Transistoren (4 Wochen Lieferzeit) waren den erstgelieferten absolut ebenbürtig.
Seriöse Händler bieten 2SJ74/2SK170 als ausgemessene Pärchen als "NOS" (New Old Stock) zu recht hohen Preisen an. Habe dann bei einem israelischen Verkäufer zugeschlagen. Seine Transistoren sind echte alte Originalware von Toshiba mit den gewünschten guten Werten. So soll es sein. Der Weg war steinig und weit und letztendlich auch noch bezahlbar. Und man lernt dazu.
Den überwiegenden Teil der passiven Bauteile habe ich bei Segor bestellt und war wie immer sehr zufrieden mit Qualität und Service. Leider wird die Liste vernünftiger Elektroniklieferanten auch immer kürzer.
Das Gehäuse wurde bei Douk Audio (China) bestellt. Tipp: das Gehäuse eines Class-A-Verstärkers kann nicht groß genug sein!
Noch etwas Kleinkram: Platinen (Suche: "PCB F5") und Lautsprecherschutzschaltung (Suche: "uPC1237") wurden ebenfalls in China per ebay geordert. Hier stimmte die Qualität.
In Fig.6 ist das Prinzip dargestellt: einfacher und puristischer geht es nicht. 4 Transistoren leisten hier ganze Arbeit. Nun gut; in der Turbo-Variante sind es 6 Transistoren. Im linken Teil das Treiber-Pärchen 2SJ74/2SK170 von Toshiba. Rechts die Leistungs-MOSFETs. Hier finden die Typen IRFP240 (N-Kanal) sowie IRFP9240 (P-Kanal) von Vishay Siliconix (USA) Verwendung. Es können auch andere MOSFET-Typen verwendet werden. Im Gegensatz zu den Treibertransistoren gibt es für die Leistungs-MOSFETs reichlich Alternativen. Sie müssen schnell genug sein und hohe Ströme "ab"können.
Hochpreisige Verstärker werden oft beworben mit dem Attribut "kondensatorlos im Signalpfad". Auch der F5 schmückt sich gelegentlich mit diesem Attribut. Stimmt aber nicht ganz. Wenn man sich das Prinzip in Fig.6 anschaut, fällt auf, dass das Signal zwar kondensatorlos den Verstärker durchläuft, am Ende aber (nach RLast) im Netzteil durch die Lade-Elkos (C) muss!! Das wird häufig übersehen und deshalb habe ich das Netzteil hier mit dargestellt. Ich persönlich habe nichts gegen (hochwertige) Kondensatoren. Sie sind besser als ihr Ruf.
Eine Besonderheit ist, dass das Ausgangssignal an den Drain-Anschlüssen der MOSFETs entnommen wird. Die Source-Anschlüsse dagegen liegen (über die Schutz- bzw. Source-Widerstände RS) auf Versorgangsspannungsniveau. Bei fast allen Verstärkern ist es genau umgekehrt. Auch bei Gegentakt-Endstufen mit bipolaren Transistoren wird fast ausschließlich das Signal an den dann zusammengeschalteten Emitter-Anschlüssen entnommen und nicht an den Kollektoren.
Apropos Gegentakt-Endstufe (im Englischen schön griffig "Push-Pull" genannt). Ja, genau darum handelt es sich beim F5. Was ihn von "normalen" Gegentakt-Endstufen unterscheidet ist die Höhe des Ruhestromes. Wird normalerweise ein recht geringer Ruhestrom gewählt (zur Vermeidung zu großer Übernahmeverzerrungen bei kleinen Lautstärken: "AB"-Betrieb), ist der F5 für einen sehr hohen Ruhestrom ausgelegt (Übernahmeverzerrungen sind hier kein Thema: "A"-Betrieb).
Deshalb muss das Netzteil besonders kräftig ausgelegt werden. Die max. Leistung wird nicht lediglich bei hohen Lautstärken gefordert, sondern immer! So verbrät der Amp im Ruhezustand ca. 200 Watt. Bei Ansteuerung bleibt die Stromaufnahme nahezu konstant, solange der Bereich des "A"-Betriebs nicht verlassen wird. Danach arbeitet die Endstufe für höhere Leistungen im "AB"-Betrieb (siehe weiter unten).
Nun zur Schaltungsbeschreibung:
Die Schaltung ist schön symmetrisch aufgebaut: die obere Hälfte übernimmt den einen Teil der Wechselspannung und der untere Teil den anderen. Nein halt. Im "AB"-Betrieb wäre das für größere Aussteuerungen richtig. Bei Class-A übernehmen beide Hälften sowohl den neg. als auch den pos. Teil der Wechselspannung!! Beide MOSFET-Gegenspieler ziehen an der Versorgungsspannung. Der eine mehr, der andere weniger. Aber stets zusammen. Und beide Endstufentransistoren werden mittig in ihrer Übertragungskennlinie betrieben, nicht am Rande wie beim "AB"-Betrieb.
Die Treibertransistoren (selbstleitende JFet) liefern statisch betrachtet einen weitestgehend durch die Eigenschaften dieser Transistoren bestimmten Strom (=Stromquelle, ID1, ID2), der über den Arbeitswiderstand (RD1 bzw. RD2) einen Spannungsabfall erzeugt. Dieser Spannungsabfall muss so groß sein, dass er ausreicht, die folgenden MOSFETs mit dem vorgesehen Drainstrom durchzusteuern. Beim IRFPxxx sind das ca. 4,5 Volt (VGS). RD1 und RD2 sind als Spindel-Poti ausgeführt, um den gewünschten Ruhe-Arbeitspunkt der Endtransistoren möglichst feinfühlig einstellen zu können.
Ein Teil der Ausgangsspannung wird über Rf1/Rf2 zurückgeführt und über RS1/RS2 eingespeist (Gegenkopplung). Bei hinreichend hoher Schleifenverstärkung ist die Spannungsverstärkung der Gesamtstufe ziemlich genau v1=(RS1+Rf1)/RS1 und v2=(RS2+Rf2)/RS3. Ha, da haben wir es: 2 verschiedene Verstärkungen! Verschieden dann, wenn die Widerstände RS1 und RS2 sowie Rf1 und Rf2 zueinander unterschiedlich sind. Das Ergebnis wäre ein Anstieg der Verzerrungen des Verstärkers. Exemplarstreuungen bei Widerständen sind nicht zu vermeiden und aus diesem Grunde wurde Poti PD (in rot) eingefügt. Hiermit lassen sich Bauteile-Toleranzen wegstimmen und Verzerrungen minimieren (siehe weiter unten).
In Fig.23 ist der komplette Schaltplan einer Verstärkereinheit dargestellt. Der Eingangswiderstand beträgt ca. 100 kOhm. Für Vollausteuerung werden 3,5Veff nötig. Der verwendete Vorverstärker muss diese Spannung (möglichst niederohmig) liefern können. Die Gesamt-Spannungsverstärkung, bestimmt durch die Große der Gegenkopplung (R4,R5 und R9,R10), beträgt ca. 15dB (5,7-fach). Ohne Gegenkopplung beträgt die Verstärkung (bei mir) gemessene 65dB (knapp 2000-fach). Die wirksame Gegenkopplung von 50dB (65dB-15dB) ist gut für einen ausreichend niedrigen Ausgangswiderstand, bzw. hohen Dämpfungsfaktor (das mögen die Lautsprecherboxen). Aber nicht zu hoch, als dass es zu Lasten der Dynamik ginge.
Da die Gegenkopplung lediglich über 2 Transistorstufen wirkt, ist der Verstärker vor allem Eines: schnell (!) Dieser Faktor wird häufig unterschätzt. Da werden Verstärkerstufen aus zig Einzelstufen gebaut und am Ende stellt man die gewünschte Verstärkung über eine über alle Stufen wirkende Gegenkopplung ein. Das Eingangssignal wird durch die viele Stufen verzögert und somit auch verzögert an den Eingang zurückgeliefert. Mit verheerenden Folgen für das dynamische Verhalten. Das kann beim F5 nicht passieren. Und das ist wohl der Hauptgrund, warum diese puristische Schaltung so fantastisch klingt.
Zum zu wenig beachteten Thema Gegenkopplung (Feedback) gibt es einen sehr informativen Grundlagen-Aufsatz vom Class-A-Guru Nelson Pass hier in deutscher Übersetzung. Unbedingt lesen!!!!!
Weiter mit der Schaltungsbeschreibung:
Die Treibertransistoren gibt es in drei Subtyp-Varianten, die sich im Drainstrom IDSS unterscheiden: "GR": 2,6-6,5mA, "BL": 6-12mA sowie "V": 10-20mA.
IDSS beschreibt den Drainstrom bei gegebener Drain-Source-Spannung und mit an Source kurzgeschlossenem Gate. Die von mir erstandenen 2SJ74GR / 2SK170GR -Pärchen, von Pass ausdrücklich als geeignet bezeichnet, lieferten in der Testschaltung ca. 3,5mA. Pass selber bevorzugt die "BL"-Subtypen mit höherem Strom. In der Verstärkerschaltung mit Source-Widerstand (47 Ohm) verringert sich der Strom etwas (ca. 2,5mA). Dieser Strom ist (gegenüber Pass's Beschreibung) recht gering und erfordert einen höheren Drain-Arbeitswiderstand von ca. 1800 Ohm, um die oben beschriebene Spannung zu erzeugen, die die MOSFETs durchsteuert. Gewählt wurden Spindelpotis (P1 u. P2) von 5 kOhm. Diese Spannung gelangt über individuelle 47 Ohm-Vorwiderstände direkt an die Gates der Endtransistoren. Sie sollen hochfrequentes wildes Schwingen verhindern.
Die Source-Leitungen der MOSFETs werden über 0,47 Ohm Widerstände von der Versorgungsspannung gespeist. Diese Widerstände stellen einen gewissen Schutz dar und verringern die Stufenverstärkung (Gegenkopplung) leicht. In der Turbo-Variante haben sie den unbedingt nötigen Effekt, die Expemplarstreuungen (leicht unterschiedliche VGS) der parallel geschalteten MOSFETs auszugleichen (siehe Thema "Matching" weiter unten!).
Zur themischen Stabilität sind unbedingt die in der Schaltung mit "NTC1", "NTC2" bezeichneten Thermistoren in unmittelbarer MOSFET-Nähe einzubauen! "NTC" heißt: negativer Temperatufkoeffizient, d.h. mit zunehmender Temperatur fällt der Widerstand. Damit sinkt im heißen Zustand (und Class-A-Verstärker werden seeeeehr heiß!) also der Drainwiderstand der Treiber-Transitoren und somit wird die Gleichspannungsvorspannung der Leistungstransistoren zurück genommen. Als Folge sinkt der Drainstrom und damit die Temperatur. Im Schaltbild ist zusätzlich zum "NTC" eine Reihenschaltung zweier Widerstände vorgesehen. Die 2,2K-Widerstände (R3, R6) sind so von Pass übernommen und auf der Platine untergebracht. Ggf. müssen weitere Widerstände extern beschaltet vorgesehen werden: R7, R12. Das muss im Einzelfall ausprobiert werden. Es hat mich eine ganze Menge Zeit gekostet, hier die optimalen Widerstände experimentell zu ermitteln! Dazu waren etliche Kalt-Warm-Zyklen nötig. Und für Aufwärmen und Abkühlen geht immer mind. 1 Stunde drauf...
Die Ruheströme der einzelnen Leistungstransistoren sind im Schaltbild mit 0,9A angegeben. Das ist die Empfehlung von Pass. Zur Messung dieser Ströme bietet sich der Spannungsabfall über einem der Source-Widerstände an: 420mV sollten anliegen. Diese Spannung steuert dann letztlich auch eine weitere Stufe an, die Pass so nicht vorsieht. Bei mir hat sie die Funktion, bei zu hohem Strom (z.B. bei Kurzschluss der Ausgangsbuchsen) die Schutzschaltung (s. nächstes Schaltbild) zu aktivieren. Die Ansprech-Schwelle wird mit Poti P3 eingestellt - ausprobieren!
Die Kondensatoren C1 und C2 sind besonders hochwertige Typen (MKP), die ganz nah an der Schaltung verlötet werden (siehe Fig.15). Hier sollen die hochfrequenten Anteile die Abkürzung nehmen (nicht erst durchs Netzteil). Ob man das wohl hört?
Fehlt noch das rote Poti P: wie schon oben erwähnt, sollen damit die Bauteile-Toleranzen der Feedback-Schleife weggetrimmt werden. Pass schreibt dazu, dass die Stellung des Potis definitiv den Klang verändert. Je nach Geschmack (!) könne man hier eher die K2- oder die K3-Verzerrungen betonen. Ich habe keinen Unterschied gehört... und habe deshalb das Poti weggelassen. Ich muss aber zugeben, dass ich keinen Tongenerator mit so geringem Klirr (<0,1%) besitze, der das erst hörbar machen würde.
Nun zum Netzteil:
Es benötigt einen recht großen Ringkerntrafo von mind. 300VA. Mehr ist besser. Es muss aber auch noch alles ins Gehäuse passen. Als Gleichrichter nehme man Metallbrücken. Diese werden recht heiß und müssen gekühlt werden. Ich habe sie auf das Bodenblech geschraubt. Bei den Kondensatoren achte man auf die ausreichende Temperaturklasse; mind. 85°C besser 105°C. Das ist aber auch eine Frage des Preises und der Verfügbarkeit sowie der Baugröße. Die Kondensatoren habe ich mittels Nylon-Ringschellen auf dem Bodenblech montiert. Meine Kondensatoren haben Schraubbefestigung und damit habe ich die Stromschienen (aus Dachdecker-Kupferblech) direkt aufgeschraubt.
Die Hochlast Widerstände (7x 0,47 Ohm) sind direkt auf die Kupferbleche gelötet. Mit einem 16W-Lötkolben kommt man da nicht weit!
Die Netzbuchse (mit eingebauten Sicherungshalter) sowie den Netzschalter liefert der Gehäusehersteller mit. Wichtig: den Schutzleiterkontakt der Netzbuchse auf kurzem Wege mit den Chassis verbinden (VDE-Auflagen beachten). Der Massepunkt des Schaltung wird aber nirgends (!) mit dem Chassis (und somit mit dem Schutzleiter des Netzkabels) direkt verbunden: Brummschleife verhindern. Hoffentlich machen das die anderen angeschlossenen Hifi-Komponenten ebenso. Aber meist wird heute ein 2-pol Stecker ohne Schutzkontakt verwendet. Lediglich an einer Stelle ist der Massepunkt der Schaltung über einen spannungsfesten 220nF-Kondensator geerdet. Ansonsten ist die Kupferblechfläche, die die Plus- und Minuspole der Kondensatoren gemeinsam verbindet, die Geräte-Masse. Von dort aus werden z.B. die Lautsprecher-Buchsen (-) versorgt. Ich habe kleine Laschen aufgelötet, wo die abgehenden Leitungen zu den Verstärker-Modulen aufgesteckt werden (Kabelsteckschuhe).
Fehlt noch die Schutzschaltung:
die kann man fertig aufgebaut in China bestellen. Funktioniert fabelhaft für Einschaltverzögerung und Offsetspannungs-Schutz. Was fehlt, ist die Kurzschluss-Sicherung. Dazu muss Pin 1 vom uPC1237 auf die Lochrasterplatine herausgeführt und nach Schaltbild verschaltet werden. Damit die Latch-Funktion des uPD1237 aktiviert wird, sollte noch Pin 3 über 22nF an Masse gelegt werden. Siehe dazu das Datasheet vom uPC1237. Die für die Schaltung nötige Stromversorgung erzeugen nach Schaltbild zwei Dioden sowie zwei Zenerdioden. Letztere sollten die Bauform Metall haben und gekühlt werden: Siehe dazu Fig.10.
Nun zum leidigen Thema "Matching":
Besonders die Leistungs-MOSFETs sind kritisch, was das Matchen (Selektieren nach Messwerten, Pärchen bilden) betrifft. Aber: ausschließlich, wenn Transistoren zur Leistungserhöhung parallel betrieben werden. Bei einer Endstufe mit 1x P-Typ und 1x N-Typ braucht nichts besonders beachtet zu werden. Komplementär-Transistoren sind grundsätzlich sehr verschieden - durch den Herstellungsprozess bedingt. Matchen wird i.d.R. dort vergebliche Liebesmüh sein.
Kritisch wird es immer, wenn parallel geschaltet werden soll, also mehrere N-Typ oder P-Typ MOSFETs Verwendung finden sollen. Geringe Exemplarstreuungen werden durch den jedem Transistor vorgeschalteten Source-Widerstand (oder bei bipolaren Transistoren: Emitter-Widerstand) ausgeglichen. Größere Abweichungen führen zu nicht gewünschten Effekten: z.B. zu nicht gleichmäßiger Stromverteilung und so ggf. zur Überlastung einzelner Transistoren. Nelson Pass hat sich natürlich dazu ausgelassen: hier. Tipp: kaufen Sie gepaarte P-Typen und gepaarte N-Typen mit möglichst geringen Spannungsdifferenzen. Meist ist leider die genaue Messmethode nicht angegeben. Man muss also mal wieder dem Händler vertrauen. P/N-Pärchen sind Unsinn! Dazu kommt: wird das ausgemessene Pärchen anders betrieben als bei der Messung, so können die Exemplare dann doch erheblich voneinander abweichen. Die Halbleiter sind leider fürchterlich unlinear und sehr individuell.
Bei den Treibertransistoren des F5 macht das P/N-Matching bedingt Sinn. Zumindest weichen die Ströme ID1 und ID2 (siehe Prinzipschaltung) dann nicht zu stark voneinander ab. Aber: der N-Typ-MOSFET wird immer eine etwas höhere VGS haben als der P-Typ-MOSFET. Da liegen schon einmal 0,4V dazwischen. Das war es dann mit der schönen Symmetrie der Schaltung. Mehr Spannung heißt: größerer RD und das heißt mehr Verstärkung der Treiberstufe. Die Verstärkung steigt (fast) linear mit dem Drainwiderstand. Aber die Gegenkopplung wird das schon richten... Man sieht: ein Kompromiss jagt den nächsten und nur optimale Verhältnisse gibt es nicht.
Erste Inbetriebnahme:
Nach dem Aufbau ist zunächst das Netzteil zu testen. Wenn es nach dem Einschalten keinen großen Knall gegeben hat, zunächst die Spannungen messen. Diese sollten deutlich oberhalb von +/-28V liegen. Später bei Belastung stellt sich so ca. 28V ein. Warum nicht 32V, wie Pass schreibt? Siehe weiter unten. Sicherheitshalber nach dem Abschalten die Elkos entladen (ich habe dazu einen 8,2 Ohm-Widerstand benutzt (5 Watt).
Wenn die Verstärkerblöcke aufgebaut sind, bitte nicht sofort in das Gehäuse einbauen. Für die erste Inbetriebnahme hat sich als vorteilhaft erwiesen, sie zunächst an einem regelbarem Labornetzteil vorsichtig in Betrieb zu nehmen. Mit verringerter Spannung (z.B. +/-10V) und eingestellter Strombegrenzung (1A). Die Potis zunächst auf den größten Wert einstellen. Nach dem Einschalten Spannung und Strom beobachten. Wenn es keine Auffälligkeiten gibt, die Potis wechselseitig zu kleineren Widerstandswerten verdrehen. Irgendwann beginnt Strom zu fließen. Weiter erhöhen bis ca. 500mA. Die Spannung sollte weiterhin 10V sein. Mit einem Spannungsmesser wird die Ausgangsspannung kontrolliert. Sie sollte nahe Null sein, ansonsten kann durch Verdrehen eines der Potis korrigiert. werden. Ggf. muss danach das wechselseitige Verdrehen wiederholt werden, um den Zielstrom (500mA) zu erreichen. Bei weiterer Unauffälligkeit kann nun die Spannung langsam auf bis zu +/-28V erhöht werden. Strom beobachten. Ggf. die Strombegrenzung des Netzteiles anpassen. Wiederum durch wechselseitigem Verdrehen der Potis den Strom auf 0,9A einstellen. Abwarten und den Temperaturverlauf beobachten. Und die Entwicklung des Stromes! Das dauert... Diese Prozedur wiederholt sich mit dem zweitem Block. Er sollte exakt gleich reagieren.
Nun kann man das erste Signal auf den Verstärker geben. Dazu benötigt man einen Tongenerator mit regelbarer Ausgangsspannung (möglichst bis 5 Volt). Für die Kontrolle des Ausgangssignales ist ein Oszilloskop ideal. Und ein 4/8 -Ohm Hochlastwiderstand, nein besser gleich zwei. Ich habe irgendwann einmal 100 Hochlastwiderstände 2,4 Ohm / 5 Watt erstanden. Davon habe ich jeweils 3 parallel und davon dann jeweils 10 in Serie geschaltet (= 8 Ohm / 150W) In der Mitte sind es dann 4 Ohm. Damit kann man den Verstärker testen. Notfalls tut es auch ein alter Lautsprecher ausreichender Leistung und Ohrenstopfen.
Mein Verstärker zeigte dort die ersten Macken: bei bestimmten Eingangssignalen und Ausgangsbelastungen fing er an, wild zu schwingen:
Interessant ist, dass das Schwing-Problem erst nach dem Einbau der Original-Treibertransistoren begann. Der Verstärker unter den Fake-Transistoren zeigte keinerlei Instabilität. Ich habe dann so Einiges ausprobiert, um den Verstärker zu fixen. Letztendlich habe ich die Source-Widerstände von 10 Ohm (lt. Pass) auf 47 Ohm erhöht (so auch oben im Schaltbild angegeben). Das Problem war beseitigt! Die guten Toshiba-Treiber haben eine viel hohere Vorwärtssteilheit (22mS) und somit steigt die Schleifenverstärkung. Unter den Fake-Transistoren waren die Drain-Summenwiderstände ca. 580 Ohm, mit den Toshiba-Treibern ca. 1800 Ohm. Also noch einmal mehr Verstärkung. Das war wohl in der Summe zu viel...
Nun läuft der Verstärker unter allen Bedingungen absolut stabil; es kann alles zusammengebaut und für den ersten Start vorbereitet werden.
Es folgen einige Bilder:
Die max. Ausgangsleistung berechnet sich für 8 Ohm zu 43 Watt und für 4 Ohm zu 72 Watt. Pro Kanal. Die Leistung ließe sich maximieren durch Erhöhungung der Versorgungsspannung (anderer Trafo). Aber: Sorgenkind ist hier der 2SJ74 mit einem maximalem VGDS von nur 25Volt! Bei einer Erhöhung der Versorgungsspannung wird dieser Wert sehr schnell überschritten und ein sicherer Betrieb ist nicht mehr gewährleistet. Mit Schaltungstricks kriegt man das hin. Aber auch mit der oben gemessenen Leistung kann man ganz schön Krach machen.
Bemerkenswert ist, wie sich die Stromaufnahme ohne Last in Abhängigkeit der Eingangsspannung und der Eingangsfrequenz ändert. Zunächst wird mit 1kHz gemessen. Der Eingangspegel wird erhöht. Der Strom ist zunächst sehr konstant und fängt plötzlich an zu sinken. Und zwar recht heftig. Wenn die Aussteuerungsgrenze überschritten ist und der Verstärker clippt. OK. Pegel zurücknehmen und Frequenz erhöhen. Mit zunehmender Frequenz nimmt der Strom zu. Bei 200kHz ist der Strom dann so hoch, dass die Kurzschluss-Sicherung anspricht! Ist natürlich Pegel-abhängig. Bei höherem Pegel eher, bei niedrigem Pegel später.
Ich wollte die Leistungsbandbreite messen, aber o.g. Effekt verhindert das. Und ich wollte es nicht darauf ankommen lassen...
Der Effekt lässt sich vermutlich nur mit den recht hohen Eingangskapazitäten der MOSFETs erklären, und der mit wachsender Frequenz zunehmenden Phasenverschiebung. Vielleicht erklären diese Kapazitäten auch die oben erwähnten Instabilitäten.
Zum Thema "A"-Betrieb macht Nelson Pass ein sehr schönes Gedankenexperiment:
Betrachten wir Fig.31. Zunächst nehmen wir an, dass die Endstufe nicht angesteuert wird. Somit ist Strom ILast=0. Und ID2=ID1. Diese Ströme entsprechen also dem Ruhestrom. Wird die Endstufe nun angesteuert (wir betrachen nur eine Halbwelle!), so wird der obere MOSFET stärker durchgesteuert, der untere weniger stark. ID1 wird größer, ID2 sinkt. Die Differenz ist ILast und fließt in die Last (=Lautsprecher). Mit zunehmender Ansteuerung erhöht sich ständig ID1 und ID2 sinkt weiter. Der Ausgangsstrom steigt an. Das geht so weit, bis ID1 den doppelten Wert angenommen hat und ID2 gerade Null (!) ist. ID1 fließt nun voll in den Lastwiderstand. Und das ist genau der Punkt, wo unser Verstärker den "A"-Betrieb verlässt und in den "AB"-Betrieb wechselt. Wird die Aussteuerung weiter erhöht, steigt ID1 weiter an (wenn die Stromversorgung das zulässt). ID2 ist weiterhin Null und der untere MOSFET ist nicht mehr im Geschäft.
Im Falle des F5 mit seinen 0,9A pro(!) MOSFET berechnet sich der max. Ausgangsstrom für den "A"-Betrieb zu 2 x 2 x 0,9A = 3,6A. Das ist der Spitzenstrom Ipeak und der Effektivstrom Ieff liegt dann bei 2,5A. Das heißt: ab 25 Watt Sinus bei 4 Ohm und ab (theoretisch) 50 Watt Sinus bei 8 Ohm wird in den "AB"-Betrieb gewechselt!
Das ist der Vorteil des Prinzips vom F5: bei kleinen und mittleren Leistungen wird im sauberen "A"-Betrieb gearbeitet und wenn höhere Leistungen verlangt werden - wo es nicht mehr so auf die musikalischen Feinheiten ankommt - wird im "AB"-Betrieb ordentlich Krach gemacht. Das kann kein anderes Class-A-Verstärker-Konzept.
Dafür haben moderne sog, "single-ended"-Class-A-Verstärker (z.B. Pass' legendärer Aleph-3) andere Vorzüge: man muss sich nicht um die Ruhestromeinstellung kümmern. Man muss dort überhaupt nichts einstellen. Und alle Halbleiter sind lieferbar! Und für einen echten Class-A-Purist kommt sowieso nicht anderes als "single-ended" in Betracht. Aber das ist eine andere Geschichte...
Kurz zum Stichwort "single-ended": das ist den Ein-Röhren-Endstufen nachempfunden. Im Gegensatz zum Gegentakt-Prinzip wird bei der Eintakt-Endstufe nur einer der beiden MOSFETs mit Signal angesteuert. Der andere liefert lediglich einen konstanten Strom. Nachteil; weniger Leistung und noch mehr Hitze. Aber durch einen Trick (ich nenne es mal: "modulierte" Stromquelle) war es Nelson Pass seinerzeit gelungen, die Ausgangsleistung bei akzeptablem Wirkungsgrad zu erhöhen.
Wo nun unser Verstärker schön zusammen gebaut ist, sind wir leider noch nicht fertig: die Treiber-Transistoren sind auch noch Temperatur-abhängig und mit steigender Gehäuse-Innentemperatur steigt nun der Strom durch die Treiber und somit der Ruhestrom der Endstufen! Also geht die Temperatur-Kompensiererei weiter. Ggf. muss also nochmals probiert und der optimale Vorwiderstandwert zum Thermistor ermittelt werden... Das dauert wieder Stunden über Stunden. Warum habe ich bloß keinen Aleph-3 gebaut??
Doch noch die Leistung erhöhen? Pass schlägt vor, die Source-Widerstände der MOSFETs mit einer Diode zu überbrücken. Damit werden Spannungsverluste bei hoher Last verringert und so die Ausgangsleistung erhöht. Mit dem Schönheitsfehler, dass die Kurzschluss-Erkennung nicht mehr funktioniert. Ich habe mich dagegen entschieden.
Noch zwei Hinweise zum Aufbau: verwenden Sie (außer bei den Hochlastwiderständen) 1%-Metallschichtwiderstände. Die Schaltung ist so einfach, dass eigentlich auf die Platine verzichtet werden kann. Da tut es auch eine 2-reihige Lötleiste, auf der die Bauteile frei verdrahtet werden.
[Update:] Manch einem wird der Aufwand für guten Klang übertrieben hoch erscheinen. Nun ja... Da ist was dran. Vielleicht reicht auch die Modifikation des bestehenden Equipments: wenn Sie einen sehr guten (sic!) "AB"-Verstärker mit ausreichend großem Kühlkörper und großzügig dimensioniertem Netzteil besitzen, so ließe sich durch moderates Erhöhen des Endstufen-Ruhestromes einiges erreichen. Nach der Regel von oben würde man z.B. bei einer Erhöhung auf 250 mA bis zu einer Leistung von einem (1) Watt bei 8 Ohm-Lautsprechern den "A"-Betrieb erzwingen! Nur 1 Watt??? Seien Sie versichert, 1 Watt ist erstaunlich laut. Vermutlich betreiben Sie Ihre Lautsprecher überwiegend mit weniger Leistung... [/Update]
Und zum Schluss noch eine Impression, die ich im Netz gefunden habe:
Übrigens: man kann auch mit einem altmodischem Röhrenverstärker viel Spaß haben!